Öffentliche Grünflächen müssen nicht immer arbeitsintensiv in engen Abständen „ordentlich kurz“ gehalten werden. Das ist weder ökonomisch, noch trägt es zum Wohle der Natur und der Artenvielfalt bei. Die Summt-Initiative des Landkreises Aschaffenburg forciert das Anlegen und angepasste Pflegen von artenreichen Blühflächen, zur Förderung der Biodiversität (Artenvielfalt) und der Insekten. Zugleich geht damit der Anspruch einher, diese Flächen optisch ansprechend und pflegearm zu gestalten und zu unterhalten.
Bei der Neuanlage ist es wichtig, die Funktion und Beschaffenheit der Fläche genau in Augenschein zu nehmen und eine insektenfreundliche Aussaat oder Pflanzung darauf abzustimmen. So hat eine Naturwiese am Ortsrand eine andere Funktion als eine innerörtliche Zierfläche und eine Verkehrsinsel oder ein straßenbegleitender Grünstreifen bringt wieder andere Ansprüche mit sich. Im Außenbereich darf nur gebietsheimisches Saatgut verwendet werden, um das Einwandern fremder Arten in die heimische Natur zu verhindern – in der innerörtlichen Gestaltung ist man da etwas freier.
Bestehende Wiesen sind auf ihren Erhalt zu prüfen. Oft erhöht sich die Artenvielfalt binnen kurzer Zeit, wenn man die Pflege extensiviert und statt einem Mulchen in engen zeitlichen Abständen die Wiese nur wenige Male im Jahr mäht. Das Auge wird staunen, wie viele Blüten sich auf einmal zeigen, von Glockenblume, Margerite, über Schafgarbe, Skabiose, bis hin zur Nelke und dem gelben Hahnenfuß.
Will man eine Fläche aber neu anlegen, muss diese umgebrochen werden und von bestehender Flora befreit werden. Besonders wenn eine mehrjährige Einsaat erfolgen soll, ist es wichtig, die kompletten Wurzeln und möglichst auch die Samen, die sich im Boden befinden, zu entfernen. Das ist nicht ganz einfach. Empfohlen wird eine mindestens einjährige Schwarzbrache mit immer wieder Umbrechen der Fläche, damit die aufkeimenden Pflänzchen vertrocknen und Wurzeln, die an die Oberfläche gelangen vertrocknen und sich damit die sog. Diasporenbank erschöpft. Macht man das nicht gewissenhaft, setzen sich im zweiten, dritten Standjahr der Blühwiese starke Wildkräuter, wie Quecke, Gänsfuß, Knöterich oder Ampfer wieder durch und verdrängen die Blühkräuter. Eine „Hopplahopp-Ansaat“ ist also alles andere als ratsam.
Im innerörtlichen Bereich wird bei kleinen Flächen auch hin und wieder ein kompletter Bodenaustausch vorgenommen und, je nach Blühmischung, ein spezielles Substrat eingebracht. Da unser Boden ein sehr wertvolles Gut ist, ist dieser Weg nur bei innerörtlichen von der Größe her überschaubaren Flächen angesagt, die einem Druck durch aggressive (Wurzel-)Wildkräuter ausgesetzt sind.
Bester Einsaat-Zeitpunkt (sowie auch Pflanzzeitpunkt von insektenfreundlichen Stau-den und Gehölzen) ist der Herbst. Bei einer Frühjahrseinsaat haben in den letzten Jahren die trockenen, heißen Frühlingsmonate und auch die Unwetter-Ereignisse im Frühjahr zu starken Ausfällen der Flächen geführt. Somit ist es ratsam, Einsaaten für den Herbst, bei Absinken der spätsommerlichen Temperaturen und Einsetzen der feuchten Witterung, zu planen.
Bleibt nach erfolgter Saat der Regen dennoch über längere Zeit aus, empfiehlt es sich, gerade innerörtliche, überschaubare Flächen zu wässern, damit die Saat aufgeht.
Bei der Entwicklung der Sämlinge ist etwas Fachwissen notwendig, denn die Flächen sind zu prüfen, wer hier hin gehört und wer nicht. Entdeckt man ein Wildkraut – die typischen Kandidaten, wie großer Sauerampfer, Quecke, Winde, gemeines Greiskraut oder Löwenzahn sind im allgemeinen schnell ausgemacht – sollten diese entfernt werden, noch bevor sie sich durch Wurzelausläufer oder Versamung in der Fläche ausbreiten. Diese Entwicklungspflege ist besonders bei mehrjährigen Blühmischungen in den ersten zwei Jahren ganz wichtig. Haben sich die Pflanzen der Ansaat erst einmal etabliert und die Bodenlücken sind geschlossen, erübrigt sich diese Pflege.
Bereits wenige Wochen nach der Keimung blühen die ersten einjährigen Blumen, die in der Blühmischung enthalten sind und Kornblume und Klatschmohn leuchten um die Wette. Die mehrjährigen Stauden entwickeln im ersten Standjahr lediglich ihre Blattrosetten und wachsen dann Stück für Stück zu kräftigen Pflanzen heran. Ihre Blüten zeigen sie erst ab dem zweiten, manchmal auch erst ab dem dritten Standjahr – da heißt es Geduld haben. Dazu zählen bekannte Blumen, wie Wiesensalbei, Margerite, Schafgarbe und Storchschnabel.
Die Blühmischung gibt entsprechend ihrer Arten vor, wann und wie oft sie gemäht werden sollte. Im Allgemeinen beschränkt sich das auf ein bis drei Mahdgänge pro Jahr, es besteht auch die Möglichkeit, eine bestehende Blühwiese ein Jahr lang gar nicht zu mähen. Bereiche, die der Verkehrssicherungspflicht unterliegen, müssen selbstverständlich entsprechend gepflegt werden (z. B. Straßenränder). Gemäht wird z. B. mit einem hoch eingestellten Balkenmäher. Kleinere Flächen lassen sich aber auch mit einem hoch eingestellten (ca. 10 cm) Rasenmäher schneiden oder sensen. Diese Höhe ist wichtig, damit man beim Mähen die Blattrosetten der mehrjährigen Stauden, die sich am Grund befinden, nicht zerstört. Entscheidend ist, dass das Mahdgut nicht auf der Fläche liegen bleibt (Mulchen), sondern abtransportiert wird. Das hat den Hintergrund, dass es die meisten Wiesenblumen mager mögen. Schnitt, der auf der Fläche zergeht, bringt Nährstoffe in die Fläche ein und „verfettet“ sie. Das spielt dem Gras in die Hände, die Blühkräuter mögen das aber gar nicht und verschwinden mehr und mehr.
Wenn eine größere Fläche von unerwünschten Wildkräutern recht stark belastet ist, kann ein Schröpfschnitt der Fläche im Sommer des ersten und zweiten Standjahres vorgenommen werden, um die unerwünschten Wildkräuter nieder zu halten und die gesäten Pflanzen, vor allem auch die Entwicklung der Mehrjährigen, zu fördern.
So ein Schröpfschnitt tut oft in der Seele weh, muss er doch zu einem Zeitpunkt gemacht werden, an dem die einjährigen Blumen einer neu eingesäten Fläche in voller Blüte stehen. Dennoch ist er wichtig, denn die langsam wachsenden mehrjährigen Arten, die im Unterwuchs ihre Pflanzenrosetten angelegt haben, brauchen nun dringend Platz und müssen ans Licht, damit sie sich gut entwickeln können.
Ab dem zweiten Jahr beginnen die mehrjährigen Blumen zu blühen und die Einjährigen treten zurück. So verändert sich das Antlitz der Fläche nicht nur zu den einzelnen Jahreszeiten, sondern auch in den einzelnen Jahren. Manche Blühstauden und Kräuter benötigen mehr Zeit für eine Entwicklung zur Blüte, andere blühen schneller, sind aber kurzlebiger, andere verschwinden wieder, weil ihnen die Fläche nicht gefällt, dafür treten andere Blumen stärker hervor, die sich auf dieser Blühfläche wohl fühlen. So ist eine mehrjährige Blühwiese immer dynamisch und abwechslungsreich. Zahlreiche Insekten tummeln sich in ihr und bilden in der Nahrungskette ein Gefüge mit Vögeln, Spinnentieren, Reptilien und Kleinsäugern.
Eine Mahd ist ab dem zweiten / dritten Standjahr nur einmal im Frühling und ggf. höchstens ein zweites Mal im Spätsommer notwendig. Über den Winter bleibt die Fläche stehen, eine Mahd im Herbst erfolgt nicht mehr, denn die Insekten ziehen sich in die Blühfläche zurück, um den Winter zu überdauern. In den Stängeln wachsen Larven für die nächste Generation heran, die Vögel laben sich von den Samen in den Blütendolden der Stauden. Würde man jetzt mähen, zerstört man dieses wertvolle Habitat für so viele Tiere. Zudem ist der Anblick von vereisten oder bereiften Blüten und Gräsern netter, als der einer „nackten Fläche“.
Nach etwa 5 Jahren kann eine mehrjährige Blühwiese erneut umgebrochen und neu eingesät werden und der Kreislauf beginnt von vorn.