Gerne wird die Windschutzscheibe von Autos als plakatives Beispiel genannt, auf der früher wesentlich mehr Insekten "klebten" als heutzutage. Obwohl diese Aussage als qualitatives Indiz eher umstritten ist ändert dies nichts an der Tatsache, dass die biologische Vielfalt, und insbesondere die Zahl der Insekten, in den letzten Jahren in fast schon dramatischer Weise rückläufig ist. Dabei handelt sich nicht um irgendwelche Mutmaßungen, sondern um Ergebnisse langjähriger wissenschaftlicher Untersuchungen.
Was soll`s, eine saubere Windschutzscheibe und keine ungebetenen Gäste am sonntäglichen Kaffeetisch auf der Terrasse? Leider sind die Auswirkungen wesentlich tiefgreifender und problematisch für das gesamte Ökosystem. So dienen Insekten z.B. Amphibien, Vögeln oder Fledermäusen als Nahrung. Ein eklatanter Rückgang setzt sich in der Nahrungskette fort und gefährdet somit auch den Bestand vieler anderer Tierarten. Weiterhin sind die Insekten als Bestäuber von Blüten- und Kulturpflanzen unerlässlich. Eine drastische Verringerung der Bestände hat auch eine wirtschaftliche Komponente hinsichtlich der Produktion von Nahrungsmitteln und steht somit in engem Zusammenhang mit der künftigen Lebensqualität des Menschen.
Als Grund für das Insektensterben werden von den Fachleuten mehrere Faktoren angeführt, wobei es jedoch selbst unter den Experten unterschiedliche Meinungen gibt. So werden neben dem Klimawandel die Lichtverschmutzung ebenso als Ursache genannt wie der Pestizideinsatz und die Stickstoffeinbringung durch Dünger. Monokulturen in der Landwirtschaft, Zerstückelung der Landschaften und geringer werdende Flächen von Hecken und Randstreifen entlang der Felder bzw. die Art der `Pflege` tragen ihr Übriges dazu bei. Flächenverluste und ein verringertes Nahrungsangebot sind eher unstrittig. Bei der Honigbiene ist die Situation etwas differenzierter zu sehen, da es sich in diesem Fall um ein domestizierbares Nutztier handelt. Verbreitung und Bestandshöhe sind nicht nur von natürlichen Faktoren abhängig, sondern die vom Menschen betriebene Imkerei spielt hier eine ebenso große Rolle wie auch eine gewisse Anfälligkeit für Krankheiten.
Diese Veröffentlichung erhebt keinesfalls den Anspruch, umfassend über die vielschichtige Thematik zu informieren. Vielmehr soll in einem ersten Schritt auf die Problematik hingewiesen werden. Man kann sicherlich nicht einfach einen Schalter umlegen und alles wird gut. Hier ist jeder einzelne gefordert, in kleinen Schritten Abhilfe zu schaffen. Durch eine insektenfreundliche Bepflanzung von Außenanlagen, Gärten oder auch öffentlichen Flächen können z.B. im direkten Umfeld kleine Mosaiksteinchen zur Verbesserung des Gesamtbildes beigesteuert werden.
Gleichzeitig steht die Politik in der Pflicht, auf höherer Ebene gesetzliche Grundlagen zu schaffen oder bereits vorhandene Regularien anzuwenden, um der negativen Entwicklung entgegenzuwirken. Erfahrungsgemäß sind derartige Prozesse aber oft eine langwierige Angelegenheit, insbesondere wenn ökologische Verbesserungen ökonomischen Interessen entgegenstehen.
Fraglos werden sich künftig auch die Gemeinderatsgremien auf kommunaler Ebene mit Lösungsvorschlägen auseinandersetzen müssen, um gegebenenfalls einen Beitrag zu leisten. Wie gehe ich mit der Pflege von Wegseitenrändern um? Was pflanze ich im Bereich neu anzulegender Grünflächen an? Muss an der Schule oder im Friedhof ein Golfrasen angelegt werden oder tut es auch eine Blumenwiese? Dies sind nur ein paar exemplarische Fragen von vielen.
Der Markt Mömbris hat in den letzten Jahren einzelne Flächen insektenfreundlich gestaltet. Aufgrund eines Antrages wird in naher Zukunft zu diskutieren sein, ob dieses Engagement deutlich ausgeweitet wird. Bei der Vielzahl gemeindlicher Grundstücke ist Potential vorhanden.
Aber selbst in diesem Bereich ist bereits ein gewisses Konfliktpotential gegeben, da sich z.B. eine für die Ökologie vorteilhafte Grünflächenpflege nicht unbedingt mit den Ansprüchen der Mitbürger in Einklang bringen lässt. Ohne die Bereitschaft eines allgemeinen Umdenkens wird es allerdings schwierig werden, die beschriebene Entwicklung zu stoppen oder gar umzukehren. Spektakuläre punktuelle Umweltkatastrophen sind medial eindrucksvoller zu vermitteln als der schleichende Prozess des Insektensterbens, der von der Bevölkerung nur peripher wahrgenommen und oft verniedlicht wird. Die Auswirkungen sind zwar im Moment nicht unmittelbar spürbar, letztendlich aber langfristig von einer kaum abzuschätzenden Dimension. Zudem sind einmal entstandene Schäden ab einem gewissen Zeitpunkt aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr reparabel.