Vor fünf Jahren habe ich mich als Schüler gefragt, wie wohl die Einwohner von Mömbris die Nazizeit erlebt haben. Ich war auf der Suche nach einer Geschichte aus meinem Heimatort, die ich recherchieren kann. Durch einen Zufall kam ich mit dem Autor Roman Grafe ins Gespräch, der mir von einem Ereignis erzählte, das ich bis dahin nicht kannte:
1936 hatte sich Pfarrer August Wörner offen mit den Nazis im Ort angelegt. Unter seiner Führung protestierten Hunderte Mömbriser Katholiken gegen den Aushang des NS-Hetzblattes „Der Stürmer“ im Dorf und stellten sich einem Aufmarsch der örtlichen SA entgegen. Als die Festnahme des Pfarrers durch die Gestapo drohte, bewachten Christen – bewaffnet mit Sensen und Mistgabeln – das Pfarrhaus. Schließlich wurde Pfarrer Wörner in eine andere Gemeinde versetzt. Der Mömbriser Kaplan Hermann Dümig predigte nicht weniger mutig – bis ihn die Gestapo ins KZ Dachau verschleppte.
Die Geschichte der beiden Pfarrer und ihrer Gemeinde hat mich sofort begeistert, und so begann ich in Archiven in Alzenau und Würzburg mit der Recherche. Von einem Nachbarn erfuhr ich, dass seine Großmutter Gunda Simon noch von dieser Zeit erzählen kann. Ich interviewte sie und verstand immer besser die Zusammenhänge.
Ich fragte den Autor Roman Grafe, der schon viele Radio-Feature für die ARD geschrieben hatte, ob wir diese Geschichte gemeinsam weiter recherchieren und als Hörgeschichte erzählen wollen. So interviewten wir weitere Zeitzeugen wie Anna Stadtmüller, Ehrentrud Brückner, Werner Schmitt und Maria Koch.
Im Herbst 2020 haben wir die Geschichte eine Woche lang in einem Berliner Hörfunk-Studio produziert, zusammen mit renommierten Schauspielern wie Cornelia Schramm (NDR), Philipp Schepmann (ARD) und Frank Arnold (ZDF). Mit freundlicher Unterstützung der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, des Bistums Würzburg und der Marktgemeinde Mömbris konnten wir das Stück als Audio-CD veröffentlichen (erhältlich im Rathaus und im Pfarrbüro).
Längst schon wollten wir die Hörgeschichte in Mömbris vorstellen, doch die Corona-Pandemie ließ es nicht zu. So hörten in den vergangenen Monaten zuerst Schüler in Heidelberg, Mainz, Dieburg, Düsseldorf, Krefeld, Stendal und Berlin die Geschichte in der Schule oder als Online-Lektion. Sie schickten uns erfreulich viele kluge Fragen dazu.
Und nun ist es soweit: Am Sonntag, dem 20. Juni, gibt es in Mömbris und Umgebung neun öffentliche Aufführungen der Hörgeschichte: „‚Sie können mich einsperren, ich bin bereit.‘ Wie zwei fränkische Pfarrer mit ihrer Gemeinde den Nazis trotzten.“ (Länge 75 Minuten) Die Aufführungen sind jeweils um 15 Uhr in den katholischen Kirchen in Mömbris, Schimborn, Daxberg, Reichenbach, Hohl, Hemsbach, Gunzenbach und Niedersteinbach. In der Mömbriser St. Cyriakus-Kirche ist das Stück zudem nochmal um 17 Uhr zu hören.
Im Ivo-Zeiger-Haus Mömbris ist um 18 Uhr die Kurzfassung der Geschichte zu hören (25 Minuten, Bayerischer Rundfunk 2019). Um 19 Uhr beginnt dort ein Gesprächsabend mit Zeitzeugen, dem Mömbriser Bürgermeister Felix Wissel, Pfarrer Andreas Hartung und uns als Autoren. Der Eintritt ist jeweils frei.
Ich möchte mich, auch im Namen von Roman Grafe, bei allen Mitstreitern des Arbeitskreises „Mömbriser Hörtag 2021“ für die engagierte Zusammenarbeit bedanken.
Herzlich bedanken wollen wir uns auch beim Mömbriser Gemeinderat und bei Bürgermeister Felix Wissel für die beherzte Entscheidung, als Reaktion auf die Hörgeschichte das künftige kommunale Kultur-Bistro Am Markt 10 als „Hermann-Dümig-Haus“ zu benennen.
Schließlich noch ein Hinweis: Sollten die Veranstaltungen infolge der aktuellen Corona-Lage verschoben werden müssen, wird dies in der Tagespresse und auf der Gemeinde-Homepage bekanntgegeben.